Das "Thermische Gedächtnis" von strombegrenzenden Betriebsmitteln

 

Schmelzsicherungen in allen Spannungsebenen schützen Betriebsmittel vor Überströmen die zu gefährlichen Erwärmungen und mechanischen Beschädigungen führen können.

Kommt es zur Überschreitung einer bestimmten Stromstärke so schmilzt ein in die Strombahn geschalteter Draht und unterbricht den Stromkreis.
Dies kann durch einen Kurzschlus oder eine Überlastung verursacht werden.
Kommt es z.B. in einem Dreileitersystem welches mit Schmelzsicherungen geschützt ist zu einem Kurzschluß oder einer Überbelastung ,dann "lösen" nicht unbedingt die Sicherungen aller Phasen aus, oft bleiben eine oder zwei scheinbar intakt.
Nach Feststellung und Beseitigung der Fehlerursache werden dann oft die defekten Sicherungen durch intakte ersetzt und wieder in Betrieb genommen.

Ist damit der Fehler behoben oder wurden im Zuge dieser Störung und Störungsbeseitigung neue Fehler geschaffen und nicht sofort erkennbare Fehler übersehen oder nicht berücksichtig ?

 

In vielen Fällen muß der erste Teil der vorstehenden Frage mit nein und der letztere mit ja beantwortet werden.

Warum ?

Punkt 1:

Zum einen ist in vielen Betrieben (immer noch) die Angewohnheit anzutreffen das in den Schaltschränken oder Schalträumen Sicherungen - entweder bewußt als Ersatz oder - einfach weil sie dort beim letzten mal vergessen wurden herumliegen.
Nicht immer ist dies der optimale Lagerort.

Niemand weiß wie lange diese Sicherungen dort schon liegen und welchen Einflüssen sie unter Umständen ausgesetzt waren.
Da sie nicht defekt sind werden sie dann sofern der Nennstrom passt als Ersatz für die defekte Sicherung verwendet.
Was dabei häufig vergessen wird ist die Tatsache das auch eine nicht eingesetzte Sicherung einem Alterungsprozeß unterliegt.
Dieser ist im wesentlichen auf chemische Einflüsse der umgebenden Atmosphäre zurückzuführen.
Je nach Beschaffenheit der Atmosphäre ( evtl. agressive Dämpfe, Feuchtigkeit etc.) und Temperatur laufen dies Alterungsprozesse unterschiedlich schnell ab.
Immer führen Sie jedoch dazu, das sich auf den Kontaktflächen der Sicherung eine Oxidschicht bildet, die wiederum zu einem erhöhten Übergangswiderstand führt.
Dieser Übergangswiderstand führt dann sofort zu einer mitunter deutlich höheren Temperatur die auch schon mal gefährliche Werte erreichen kann obwohl die Sicherung u. U. weit unterhalb des Nennstromes betrieben wird.
Zwar behält die Sicherung ihre schützende Funktion, sie wird ja - aufgrund der bereits weit unterhalb des Nennstromes herrschenden höheren Temperatur - eher schmelzen und den Stromkreis bereits unterhalb des Nennstromes unterbrechen aber bevor sie dies tut hat sie eben bei vollkommen zulässiger Belastung eine deutlich höhere Temperatur.

Je nachdem wie hoch diese Temperatur ist - wir haben bei Nennstrom schon Temperaturen weit über 100 ° C angetroffen - werden die umgebenden Bauteile (Anschlüsse, Sicherungsunterteile, Leitungsisolierungen etc.) mehr oder weniger stark in Miteleidenschaft gezogen.

Daraus resultiert in jedem Fall eine schneller voranschreitende Alterung und auch u.U. ein erhöhtes Ausfall- und Brandrisiko.
Nicht zu vernachlässigen ist auch, das auftretende Temperaturschwankungen bei Ein-/Ausschaltvorgängen deutlich höher ausfallen können was negative Auswirkungen auf die Anschlussverbindungen hat (Verminderter Kraftschluss -> Ansteigender Übergangswiderstand)

Punkt 2:

Wird nur die defekte Sicherung ausgetauscht birgt das ebenfalls ein fast identisches Risiko wie unter Punkt 1 beschrieben.
Grund ist das sogenannte "Thermische Gedächtnis" der Sicherung.
Genmeint ist damit die Tatsache, das die Sicherungen welche nicht "ausglöst" haben trotzdem und höchstwahrscheinlich zumindest für einen kurzen Zeitraum einer hohen Strombelastung ausgesetzt waren, die möglicherweise zu einem "fast schmelzen" geführt hat.
Da der Stromfluß jedoch durch die geschmolzene Sicherung unterbrochen wurde und der Verbraucher evtl. komplett ausgefallen ist haben diese Sicherungen so gerade "Überlebt".
Im Grenzbereich zwischen durchschmelzen und nicht durchschmelzen, kann sich jedoch bereits der Querschnitt des Schmelzdrahtes mehr oder weniger stark reduzieren.
Aufgrund der so unter Nennstrom herrschenden Stromdichte kommt es dann zu mitunter drastisch höheren Temperaturen welche ebenfalls die unter Punkt 1 beschriebenen Folgen haben können.

Deshalb raten wir dazu grundsätzlich alle Sicherungen des Stromkreises zu erneuern und so für gleiche Startbedingungen zu sorgen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

  

 Sicherungen mit "belastetem thermischen Gedächtnis"


Aus Sicht des Thermografen ist dazu zu sagen, das weder der unter Punkt 1 als auch der unter Punkt 2 beschriebene Fehler vor einem Ausfall bemerkt oder vermutet hätte werden können.
Im Zuge einer thermografischen Prüfung wäre dieser Fehler jedoch festgestellt worden.

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